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An (ge) dacht

Es gibt Momente, wenn einem das Herz überfließt und die eigene Begeisterung zu anderen überspringt. So etwas kann man vielleicht bei einer Geburt, einer Konfirmation oder auch einer Hochzeit erleben. Sicherlich gibt es noch so manch andere bewegende Momente, die einem einfallen, Momente, die einen vor Glück und Begeisterung regelrecht überfließen lassen.

Der Lieder-Dichter Paul Gerhardt hat es geschafft, solche Stimmungen in seinen Liedern auszudrücken. Wie gerne singe ich beispielsweise das Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“. Erst vor kurzem, in der Andacht zum Historischen Dorfrundgang am 1. Mai in Dorf-Güll, konnten wir mit diesem Lied bei kräftigem Gesang in einer vollen Kirche einen solch besonderen Moment erleben.

Ein anderes bekanntes Lied von Paul Gerhardt, „Du meine Seele singe“ (EG 302),  ist ebenfalls voller Glücksgefühle. Paul Gerhardt hat dieses Lied 1653 geschrieben. Doch sein Leben war nicht voller Glück gewesen. Schon früh hatte er Vater und Mutter verloren, als er 12 Jahre alt war brach der 30jährige Krieg aus mit all seinen Schrecken und mit 16 erlebte er, wie durch eine Pestepidemie drei Viertel der Bevölkerung ums Leben kam. Und auch später hatte er viele Schicksalsschläge zu verkraften. Nur eines seiner fünf Kinder überlebte, und seine Frau war nach nur 12 Ehejahren verstorben. Vielleicht haben Paul Gerhardts Lieder deshalb so viel Tiefgang, weil sie oft aus eigener Not entstanden sind.
In dem Lied „Du meine Seele singe“ hat er dennoch ein heiteres und fröhliches Lied auf der Grundlage von Psalm 146 geschrieben. Gleich in der ersten Strophe lässt Paul Gerhardt das Lob Gottes regelrecht in den Himmel steigen. „Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn“. So fordert man sich selbst auf, Gott, den großen Schöpfer der Welt, zu loben. Und um das auch musikalisch deutlich zu machen beginnt die Melodie ganz unten, beim tiefsten Ton – fast so, als müsste man seine Seele erst einmal aufwecken. Doch dann steigt die Melodie schon im nächsten Takt zum zweithöchsten Ton des ganzen Liedes auf. So, wie die Melodie hier durch den ganzen Tonumfang des Liedes schreitet, so soll die Größe Gottes in all ihren Dimensionen gelobt werden: Der Gott im Himmel soll hier auf der Erde gelobt werden, und das eben nicht nur heute, sondern das ganze Leben lang.    

Dieser große Gott, der die ganze Welt erschaffen hat, kümmert sich um uns Menschenkinder. Das ist nicht nur ein Grund, diesen Gott immer wieder zu loben, sondern das ist zugleich ein ganz starker Trost, denn wir können uns immer wieder an ihn wenden in dem Vertrauen, dass dieser große Gott auch für unsere Sorgen eine Lösung wissen wird.
Auch mit den Sorgen, die wir haben mögen, werden wir eingeladen, dennoch in das Lob Gottes mit einzustimmen. Wenn wir jeden Tag nach Dingen schauen, für die wir Gott danken und ihn loben können, so kann sich auch unser Lebensgefühl ändern. Wir können offener werden für all die Wunder, die uns umgeben, all das, wofür wir dankbar sein können.

Eine wunderbare Sommerzeit mit vielen dankbaren Momenten  wünscht Ihnen


Ihr Pfarrer
Matthias W. Bubel

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