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An (ge) dacht

Brücke

Alles war ganz anders gekommen. Die Frauen, die sich im Morgengrauen des Ostermorgens auf den Weg zum Grab Jesu gemacht hatten, hatten eigentlich nur die Frage im Kopf, wer ihnen den Stein vom Grab wegwälzen würde. Doch dann fanden sie das Grab offen und leer. Nur ein Jüngling war da, der zu ihnen sagte: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier!“ (Markus 16,6) Danach gab er ihnen den Auftrag, zu den übrigen Jüngern und zu Petrus zu gehen und ihnen zu sagen, dass Jesus vor ihnen nach Galiläa gehen würde, wo sie ihn wiedersehen würden.
Anstatt sich nun aber zu freuen und in lauten Jubel auszubrechen reagieren sie entsetzt, sie fliehen panisch und sie sagen zu niemandem ein Wort. Zu groß waren ihr Entsetzen und ihre Furcht. Diese Reaktion zeigt, dass die Auferstehung Jesu eigentlich nicht von dieser Welt ist und für uns mit unseren Möglichkeiten eigentlich auch nicht zu fassen ist. Mit der Reaktion der Frauen wird gezeigt, dass die Auferstehung Jesu etwas ist, was unseren Verstand übersteigt, sodass wir letztlich sprachlos werden und verstummen.
Mit diesem ursprünglichen, verstörenden Ende des Markus-Evangeliums werden auch wir direkt angesprochen. Was machen wir mit dieser Botschaft des Ostermorgens. Wollen auch wir schweigen, wie es die Frauen getan haben? Oder öffnen wir unseren Mund und erzählen etwas weiter von der Hoffnung, die in uns ist? – Der Evangelist Markus wollte uns sicherlich klar machen, dass zum Ostermorgen durchaus Furcht und Zittern dazugehören, dass man kaum wagt, das Unfassbare in Worte zu fassen.
Zugleich baut der Evangelist Markus uns allen eine Brücke zum Osterfest – gerade auch für all die, denen  nicht zum Lachen sondern eher zum Weinen ist. Eine Brücke auch für die, die nicht sicher sind, ob sie glauben können. Und auch für alle, denen diese Botschaft viel zu groß erscheint und die nur das glauben wollen, was man mit eigenen Augen sehen oder mit eigenen Händen anfassen kann. Wir alle werden an die Hand genommen, und Markus zeigt uns, dass es den Frauen am Ostermorgen ganz ähnlich ging. Auch den Frauen war noch nichts klar, sie mussten sich auch erst einmal neu sammeln und überlegen, wie es weitergeht.
Zusammen mit den Frauen und den Jüngern werden wir an den Anfang zurückgeschickt, nach Galiläa, wo alles angefangen hat. So sollen wir an all das erinnert werden, was über Jesus erzählt wurde: Über Jesus, der Dämonen austrieb, Kranke heilte und der Menschen fragte, was er ihnen tun sollte und der Sünden vergab. So werden wir am Ende des Markusevangeliums vom Auferstandenen aus aller Trauer wieder in die Weite des Lebens hineingeführt. Der Auferstandene ist zu allen Zeiten gegenwärtig. Und wenn wir denken, wir sind verlassen und es gibt keine Hilfe, dann dürfen wir uns sagen lassen: „Jesus ist nicht tot! Er lebt!“ Und wo wir in Trauer versinken, da dürfen wir seinen Ruf hören: „Ich gehe euch voran. Folgt mir nach.“
Am Ostermorgen dürfen wir die  Botschaft des Engels hören: Jesus ist keine Gestalt der Vergangenheit, sondern er ist lebendige Gegenwart. Damit ist noch nicht alles gut: Die Probleme und Kriege der Welt, die Sorgen und Krankheiten, die uns oder uns nahe, liebe Menschen treffen. Unser Glaube wird weiter herausgefordert, und manchmal verschlägt es uns die Sprache. Aber: Wir sind nicht ohne Trost. Denn Jesus, der von den Toten auferstanden ist, spricht zu uns: „Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1,18)
Ein frohes und gesegnetes Osterfest wünscht Ihnen

Ihr Pfarrer
Matthias W. Bubel

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