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An (ge) dacht

Es ist nicht zu übersehen: Langsam werden die Tage wieder kürzer. Ich bin gespannt, wieviel Obst wir in diesem Jahr an den Bäumen vorfinden werden, das dann wieder zu leckerer Marmelade weiterverarbeitet werden kann. In dieser Zeit muss ich dann auch an das wunderbare Kinderbuch „Frederick“ von Leo Lionni denken. 1967 war dieses Buch erschienen, und vielleicht erinnern ja auch Sie sich an diese wunderbare Geschichte.
Feldmaus Frederick lebt mit seiner Familie in einer alten Steinmauer. Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen und der Herbst zieht über das Land. Für die Feldmäuse heißt es nun Tag und Nacht arbeiten. Es müssen Vorräte für den Winter gesammelt werden. Stück für Stück wandern Körner, Nüsse, Mais und Stroh in den Mäusebau. Jeder ist fleißig bei der Sache. Nur Frederick nicht. Er sitzt auf einem Stein und scheint nichts zu tun.
Als die Mäuse fragen, warum er nicht hilft, so antwortet Frederick, dass er doch auch sammelt. Er fängt die Sonnenstrahlen ein, die Farben und die Wörter. Diese Vorräte sind ebenso wichtig, denn der Winter ist lang, kalt und grau. Und dann ist er da, der Winter. Mit der Zeit schwinden alle Vorräte und der Frühling ist nicht in Sicht. Alle kleinen Mäuse frieren. Da holt Frederick seine Sammlung hervor: Seine Worte werden zu einem hoffnungsvollen Gedicht, die Erinnerungen an die Sonnenstrahlen wärmen das Herz und die bunten Farben schmücken alles festlich aus.
Mit seinen eigenen Worten kann Frederick den anderen Mäusen jetzt, mitten im kalten und dunklen Winter, Wärme, Freude und Lebensmut vermitteln. Den Höhepunkt seiner Vorräte bildet ein von ihm selbst verfasstes Gedicht über die Schöpfung und den Wechsel der Jahreszeiten. Nun rufen die Mäuse erstaunt aus: „Aber Frederick, Du bist ja ein Dichter.“ Er antwortet: „Ich weiß, Ihr lieben Mäusegesichter!“ Auf diese Weise wird Frederick zum Star unter seinen Mitbewohnern.
Als Jesus in der Wüste versucht wurde, zitiert er eine Bibelstelle aus dem 5. Buch Mose und sagte:
"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."
Diesen Satz (Matthäus 4,4) finde ich sehr schön, denn Jesus macht deutlich, dass wir beides brauchen: Brot und Gottes Wort, Vorräte und Geschichten. Und genau das versucht uns die Geschichte von der Maus Frederick zu zeigen: Wir brauchen nicht nur materielle Werte wie Essen, Trinken, Kleidung und ein Dach über dem Kopf, was ja alles auch lebenswichtig ist – wir brauchen auch anderes wie Sonnenstrahlen, Farben und Wörter, wir brauchen Geborgenheit, Liebe und das Gefühl des Akzeptiertwerdens, wir brauchen auch Dinge, die uns herausfordern, Ideen, Kreativität, aber auch schöne Erinnerungen und gute Erfahrungen.
Am Erntedankfest werden wir daran erinnert, was Gott uns alles schenkt. Gott schenkt uns mehr, als die Früchte der Felder und Bäume. Es gibt so viel, was wir geschenkt bekommen und was das Leben lebenswert macht – dafür dürfen wir Gott dann einmal bewusst „Danke“ sagen.
So wünsche ich Ihnen einen wunderschönen Spätsommer und eine hoffentlich auch farbenfrohe Herbstzeit mit einem dankbaren Blick für alles, was uns geschenkt wird.
Ihr Pfarrer
Matthias W. Bubel


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